Für viele OCRler beginnt die Saison im April mit dem Spartan-Sprint in München. Alles, was bis dahin geschieht, zählt eigentlich nicht so richtig. Das ist so eine gedankliche OCR-Startlinie. Man sieht sich als Sportler draußen aktiv bei Sonnenschein und mit guter Laune und die Welt ist in Ordnung. Dieser Gedanke gefällt mir auch, aber es gibt auch noch eine andere Seite unseres Sports - und die beginnt im November. Wenn das erste Mal die Temperaturen sinken, wenn der Wind auffrischt und es dabei nieselt. Dann, ja dann, beginnt die Zeit der Winter-OCR-Läufe.
Ich hatte mir über den Jahreswechsel 2018/2019 fünf davon in den Kalender eingetragen. Neben alten Bekannten, wie Getting Tough The Race und Legend of Cross, stand diesen Winter auch wieder der Celtic Warrior auf dem Programm, ein Lauf, den ich von letztem Jahr in sehr guter Erinnerung hatte. Ich weiß noch, dass es damals ziemlich kalt war und dass alle Athleten gut gefordert waren, um die -5 bis 0 Grad Lufttemperatur zu verkraften.
Aber dieses Jahr sahen die Vorhersagen ganz anders aus. Der Frühling ließ sich das erste Mal blicken und die Temperaturen stiegen in den 2 Wochen vor dem Lauf auf fast 20 Grad. Und es gab Sonne. Vorher. Das veranlasste die Veranstalter offensichtlich, die Strecke diesmal ein wenig umzugestalten. Und so wurden viel mehr Wasserhindernisse vorgesehen. Die Aufbau-Videos, die man im Internet sehen konnte, zeigten freudige Mitglieder des Teams "Celtic Warrior", wie sie die Badepartien und die Schlammpackungen vorbereiteten und schon probeliefen.
Ich dachte mir "Ohje, da wird der Celtic ein Frühlingsspaziergang". Naja, dann war der Winter eben ein bisschen früher vorbei. Da konnte ich auch mit leben. Doch dann kam alles ganz anders. Die Vorhersage für die Region Zillingtal, die ich schon eine Weile lang beobachtet hatte, wollte für den Raceday einfach keine schönen trockenen und sonnigen Verhältnisse mehr produzieren. Stattdessen 5 Grad Celsius, Regen und Wind. Regen allein ist nicht schlimm. Man nimmt ne Mütze mit und dann merkt man ihn kaum, wenn man läuft. Wind hingegen ist da schon etwas unangenehmer. Der raubt Kraft, wenn er aus der falschen Richtung kommt, und in Kombination mit Regen kommt eine nicht zu verachtende Kältekomponente hinzu. Je näher der Tag des Laufes rückte, um so garstiger wurde das Wetter. Deshalb machte ich mir mittlerweile viele Gedanken über meine Klamotten-Strategie - mehr als über die Hindernisse, die einen fordern, die man aber auch durch Absolvieren einer Strafe "schaffen" kann, wenn man sie nicht schafft, zumindest die technischen.
Eine weitere Tatsache, die mir irgendwann bewußt wurde, war, dass durch den Regen der Schlammanteil sicherlich steigen würde. Im Chat im Verein diskutierten wir immer wieder das Wetter und die potentiellen Verhältnisse und die Meinung reichten von "Ohje, worauf habe ich mich da eingelassen?" üder "Das könnte problematisch werden." bis hin zu "Jetzt alle mal ruhig bleiben. Das wird schon. Lasst uns Spaß haben." Um es kurz zu machen: Was passierte, hatte keiner auf dem Schirm. Der Lauf wurde - im besten Sinne - gnadenlos.
Und so rückte der 1. März näher - Tag der Anreise. Ich fuhr mit Steven und Alex aus dem Verein nach Zillingtal. Wir kamen im selben Gasthof unter, in dem wir auch schon letztes Jahr genächtigt hatten. Alles perfekt. Am nächsten Morgen ging es recht zeitig los, da wir noch kurz zum See wollten, um ein paar Klamotten im warmen Wechselzelt abzulegen. Jetzt war auch Sven - unser Vereinshindernisguru - mit von der Partie, denn beide, Sven und Steven, hatten sich auch für die 30km Distanz eingetragen. Wir kamen pünktlich am Event-Gelände an (Die Startunterlagen hatten wir bereits am Vortag abgeholt), zogen uns um und "genossen" die Zeit bis zum Start.
Naja, "genießen" war relativ, denn alle vorhergesagten unangenehmen Wetterbedingungen waren eingetroffen. Es nieselte immer mal wieder, die Luft war kühl und feucht und ab und zu kam eine unangenehme Windbö und ließ uns schlottern. Beeits zweieinhalb Stunden vor unserem Start, der für 10 Uhr angesetzt war, waren die Läufer auf der Ultra-Distanz (50km) gestartet. Da saßen wir noch beim Frühstück, schauten aus dem Fenster und es regnete Bindfäden. Maximale Demotivation. Die Ultras sind schon echt harte Kerle und taffe Mädels. Aus unserem Verein waren Nici (einzige Läuferin, die den Ultra im Vorjahr gefinisht hatte) und Christian angetreten.
Dann schlug es 10. Das nicht ganz vollständig versammelte 30km-Starterfeld (89 von 104 gemeldeten) wurde in Gruppen zu ca. 20 bis 25 eingeteilt und auf die Strecke geschickt. Ich war zusammen mit Steven und Sven in der ersten Startwelle. Das Startkommando fiel, die beiden gaben Gas und waren weg. Da ich wußte, was auf mich zukam, begann ich das Rennen wieder im für mich am besten funktionierenden Energiesparmodus, um bis zum Ende durchzuhalten. Das war auch gut so, denn das Ende meines Rennens sollte erst knapp 8 Stunden später kommen.
Zunächst mussten wir die Kirchbergrunde absolvieren, die dieses Jahr umgedreht worden war. Ein schöner Parcour an einem Hügel, den es mehrmals rauf und runter ging und der mit leicht zu überwindenden Hindernissen aus Euro-Paletten, ein paar Baumklettereien und Crawls garniert war. Dann ging es zurück in den Start-und-Ziel-Bereich. Hier gab es was zum Hangeln (war das letztes Jahr auch schon so lang?), viele große Container mit vielen Reifen und die berüchtigten Baugerüste - allerdings nicht 3 wie letztes Jahr, sondern 5. Das war alles schon nicht mehr so ganz witzig, denn der Boden war aufgrund des Regens maximal aufgeweicht und da schon die Ultras und ein paar 30km-Läufer diese Hindernisse überwunden hatten, waren diese bereits mit Schlamm verziert. Natürlich fehlten auch die riesigen 3-Meter-Walls und das eine oder andere Holzgerüst (zumeist irgendwie inverted) nicht. Und auch diese hatten schon ganz gut an Schlamm zugelegt. Es sollte sich jedoch herausstellen, dass das alles Pille-Palle war.
Nach dem Start-Ziel-Bereich ging es auf die Strecke, zunächst ein kleines Stückchen Teer aus dem Ort hinaus, dann hoch aufs Feld, dem "Plateau der Winde", Richtung Steinbrunner See. Das Wetter war gerade ganz gut (kein nennenswerter Wind und der Regen rieselte nur leicht). Ich fühlte mich gut. Verhältnisse, mit denen ich klar kam. Ich laufe oft bei schlechtem Wetter und hab kein Problem damit. Die Feldrunde war diesmal etwas länger. Dann ging es runter Richtung Zillingbach zum Keltenwall.
Beim Keltenwall kam die erste richtige Prüfung auf uns zu. Der Wall selbst ist eine kleine Hinderniskombination bestehend aus einem abgeschrägten Holzrahmen mit Kettennetz, an dem man hochklettern und auf der anderen Seite, die nun inverted ist, wieder runterkommen muss. Danach kommt ein schräges Holzgerüst bestehen aus Baumstämmen, hinter dem man auf eine Platform runter springt. Bevor man diese Hindernisse erreicht, geht es allerdings erstmal auf alle Viere. Eine endlose Kriechstrecke durch feinsten Schlamm. Dieser wird durch einen kurzen Badegang unterbrochen um sich anschließend ewig fortzusetzen. Hat man die Kriechstrecke hinter sich, ist man kaputt. Dann über besagten Wall und unmittelbar dahinter wieder niedrigste Gangart - diesmal unter eine Plane in den Schlammtunnel, der mit Wasser gefüllt ist. Raus aus dem Tunnel, auf einer rutschigen Plane einen Hügel erkriechen (zum Glück gabs ein Seil), oben Über eine total verschlammte Wall, den Hügel wieder runter und wieder in einen Schlammtunnel, der diesmal mit Bauzäunen abgedeckt war. Ich bin mir nicht ganz sicher ob das dann alles war. Jedenfalls "endet" das ganze mit einem erneuten Badegang, der von einer kurzen Betonröhre beendet wird, die - wie soll es anders sein - durchkrochen werden muss.
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Super Samstag :) |
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Werden die Klamotten wenigstens wieder "sauber".... |
Ich hatte, genau wie letztes Jahr, kurze Hosen an. Kurz bevor ich in die Betonröhre gekrabbelt bin, habe ich mir meine Knie angesehen und festgestellt, dass eine breite Blutspur bis zum Sockensaum reichte. Ich hab das schnell mit ein bisschen schmutzigen Wasser behandelt und mich dann in das Rohr begeben. Mein Gott, war ich froh, dass ich im Vorfeld Bear Crawls trainiert hatte :)
Jetzt ging es auf den Weg zum Hexenwald. Zunächst stand erst einmal der Zillingbach auf dem Programm, ein schmales Bächlein, das all meine Balance erforderte und mich doch immer wieder seitlich in das hohe scharfkantige Schilf schickte. Natürlich konnte man nicht an der Schilfböschung gehen, da man von dort immer wieder in den Bach abgerutscht wäre. Die mehrere hundert Meter lange Strecke wurde kurz durch eine kleine Brücke unterbrochen und mit einer niedrigen Röhre abgeschlossen. Hier musste man gebückt hindurch und am Ende über ein Fanggitter klettern, das normalerweise wahrscheinlich die Aufgabe hatte, größeres Treibgut aufzuhalten. Nach dem Gitter drehte man eine Runde oben über die Brücke oberhalb der Röhre, um gleich danach wieder durch einen kleinen Tümpel zu waten. Man musste hier aufpassen, da im Wasser ein fieser Fels versteckt war, den man entweder mit Glück ertastete oder mit Pech mit dem Schienbein "entdeckte". Dann raus aus dem Tümpel - puh endlich das verdammte Wasser hinter sich gebracht. Fehlanzeige! Gleich nochmal rein an einem anderen Rand. Wenn man nicht weit genug am Ufer blieb, wurde es hier "ein bisschen" tiefer und man war bis zur Brust weg. Endlich, nach dieser letzten kleinen Tortur konnte man das Wasser verlassen und kam an einen VP. Ein VP!
Stellt Euch vor, Ihr seht aus wie die Sau, kommt an einen VP und da liegen diese leckeren, sauberen Bananenstückchen. Auch scheiß drauf, rein mit dem Zeug, egal wie die Hände und der Rest aussehen. Alternativ wurde man von den Helfern gefüttert :) Schnell ein Iso und einen Tee in mich reingekippt und weiter gings in Richtung Hexenwald. Auf einem schönen, gut zu laufenden Feldweg. Was für ein Segen. Eigentlich fühlte ich mich immer noch recht gut, hatte ich doch einen großen Teil der Strecke bis zum See schon hinter mir. Es kam nur noch der Hexenwald, dann ein bisschen Feld und Siedlung und....
Ok, aber erstmal Hexenwald. Auch dort: ein VP. Verwunderlich, da scheinbar nah. Man muss jedoch erst durch den Wald. Ich hatte den Hexenwald von letztem Jahr noch in guter Erinnerung. Wald, Trail, viele Bäume und Wurzeln, aber Alles in Allem kein Problem - dachte ich. Dieses Jahr sollte der Hexenwald der abgedrehteste Abschnitte des ganzen Laufes werden. Es war kein Weg zu sehen, nicht mal ein Trail. Stattdessen gab es eine Schlammbahn, die sich durch das Unterholz wand. Es war schlicht unmöglich, Tritt zu fassen. Grip? Fehlanzeige. Man war nur am ausgleichen und Koordinieren und von einer sinnvollen Laufpace meilenweit entfernt. Passte man nicht auf, dann rutschte man unkontrolliert ins Gestrüpp. Klammernd und ziehend, permanant angespannt rutschte und glitt man durch den Wald. Ich wusste noch, dass am Ende an einem Hang eine Rauf-Runter-Kombination wartete. Diese gab es diesmal auch, aber es war der Horror! Die gesamte Kraft war notwendig, um sich den Hang an einem Band hinauf zu ziehen, die Füße immer auf einen Vorsprung setzend oder an einem Baum einklemmend. Als ich das erste Mal oben war, war ich platt! Ich hoffte, dass sie uns diesmal nicht wieder runter in den Wald schickten, aber wieder Fehlanzeige. Abwärts ging es wieder an einem Band und man hatte praktisch kaum eine Chance, seine Bewegung zu kontrollieren, weil man mit den Füßen nirgendwo Halt fand. Ich kürze hier ab: Mann muss noch zweimal rauf und wieder runter, um anschließend noch einmal ein Stück durch den Wald zu "laufen". Dann war man wieder am "Eingang" und bei besagtem, scheinbar naheliegenden VP. Hier gab es leider nur einen Tee, aber man hatte ja "gerade erst" gegessen. Also ging es nun auf die letzten Meter zum Seegelände.
Als ich den Wald verließ dachte ich mir: "Ja ja, Hexenwald....Am Arsch!" Es ging ein paar Meter auf einen Feldweg über zwei Anhänger und dann gleich in die Siedlung Steinbrunn oberhalb des Sees. In der Siedlung kam mir Steven entgegen. Er war auf dem 1. Platz! Dort stand auch - gleich hinter einer Wall und einem ziemlich schwierigen Hangelhindernis (weil die Stangen so dick waren) ein Wärmezelt. Das erste Mal Hangeln lief super. Ich merkte bereits, dass ich mich sportlich betätigt hatte, obwohl gerade einmal 6-7km gelaufen waren. Macht nix. Ab ins Zelt, Longsleeve und Vereinsshirt runter und weiter zum See.
Das war mal eine neue Erfahrung - OOO, oder auch Oben-Ohne-OCR :) Zunächst ging es die Böschung zum See runter, dann wieder rauf, dann entlang, dann wieder ganz rauf und dann wieder runter. Jetzt kam der See - das Angsthindernis der meisten Läufer. Ich bin nicht schnell und auch nicht stark aber kalt kann ich. Also rein in den See und - entsprechend der Empfehlung des Volunteers nah am Ufer bleiben, sonst wirds schlagartig tiefer. Es war recht unspektakulär, so durchs hüfttiefe Wasser zu waten, aber deshalb durfte ich ja auch gleich danach kurz raus, um anschließend durch eine halb versenkte Plastikröhre zu krabbeln und anschließend mit tief abgebeugtem Oberkörper unter einem Netz hindurch zu huschen. Hatte man es bis hierher wie durch ein Wunder geschafft, den Oberkörper trocken zu halten, dann war jetzt Schluss mit lustig! Das Tauchhindernis erforderte, dass man dreimal unter den Balken eines Holzrahmens durchtauchte, der auf der Wasseroberfläche lag. Zu guter Letzt durfte man das hüfttiefe Wasser verlassen, um auf ein Holzgestell zu klettern und sich auf der anderen Seite entweder kräftezehrend noch einmal ins Wasser gleiten zu lassen oder dies durch einen beherzten Sprung zu erledigen. Ich dachte nicht lange nach, sondern nahm die Kopfsprung-Variante - Tauchgang Nr. 4.
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So, mal gucken.... |
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Blick nach innen! |
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1 |
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2 (autsch, so war das nicht gedacht....) |
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3 (Jaaa! War ja ganz einfach!...?) |
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Nicht mehr weit bis zum Wärmezelt |
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Never forget to smile :) |
Jetzt ging es zurück nach Zillingtal. Der Weg dorthin war recht unspektakulär, dann es gab nicht so viel zu "erledigen", einzig ein Sandsack-Carry, der jedoch gut zu absolvieren war und bei dem ich einen echten mentalen Höhenflug hatte, weil ich mich wieder einigermaßen gut fühlte, wäre hier zu nennen, oder? Ach nein, da war noch was - Wasser! Und noch ein gefühlter Ewig-Crawl über einen Hügel, obwohl ich glaube, dass der gar nicht so lang war. Außerdem gab es auf dem Rückweg noch ein paar kleinere Holzgerüste und einen Graben, der in der ersten Runde auch noch Wasser führte.
Als ich mich dem Start-Ziel-Bereich näherte hörte ich den Start-Schuß der 15km-Läufer. Und als ich dann da war, kamen sie mir über die Hindernisse in dem Bereich entgegen. Das kostete mich auch immer mal wieder Zeit. Trotzdem konnte ich die erste Runde in ungefähr 3 Stunden und 15 Minuten absolvieren. Das war langsamer, als ich mir vorgenommen hatte (ursprünglich dachte ich, ich schaff den Celtic Warrior dieses Jahr in max. 6 Stunden), aber es war ok. Ich kam durchs Ziel, trank einen Tee, aß einen Happen und ging wieder auf die Strecke.
Ich habe zu dem Zeitpunkt keinen Gedanken an eine Aufgabe verschwendet, einfach weiter. Maschinenmodus. Blick nach innen richten. Geht noch alles? Jo, geht noch. Auf dem Kirchberg war ich diesmal allein. Keiner da. Ich konnte ein paar Worte mit dem Volunteer dort wechseln und scherzte, dass ich mich jetzt dran machte, das 15er-Feld von hinten aufzurollen. Jaja, ich und Feld von hinten aufrollen....aber so weit weg war ich gar nicht von der Wahrheit. Natürlich rollte ich kein Feld von hinten auf, aber es gelang mir trotzdem, einige der 15k-Läufer zu überholen. Jedoch stellte ich schnell fest, dass diese Runde nicht mehr so locker flockig vonstatten ging wie die erste und schon nach dem Start-Ziel-Bereich, der mit seinen vielen Kletter - und einem Hangelhindernis viel Energie kostete (Energie, die ich jetzt nicht mehr zu haben glaubte), zäh wurde.
Auf dem Weg zum "Plateau der Winde" traf ich Anett und Mirjam. Diese beiden Mädels - genau wie alle anderen Frauen, die an den Start gegangen sind - sind für mich die eigentlichen Helden des Celtic Warrior 2019. Und die Ultras natürlich. Wir wechselten ein paar Worte und ich lief weiter. Leider war ich nicht mehr schnell genug, um auch Florian noch einzuholen. Er war dieses Jahr auch wieder auf der 15k-Strecke gestartet und hatte aber einiges an Performance zugelegt. Ich musste immer mal gehen und das Vorankommen wurde schwerer und schwerer. Natürlich waren alle Hindernisse in dieser Runde auch schwieriger zu überwinden aufgrund der Müdigkeit und des massiven Schlamms auf der Strecke. Der Regen hatte ganze Arbeit geleistet. Ich quittierte diese Umstände mit maximaler Vorsicht. Um nicht das Gefühl zu haben, noch ewig unterwegs sein zu müssen, teilte ich mir die Strecke gedanklich in Abschnitte ein und hakte jeden, nachdem ich ihn passiert hatte, innerlich ab.
Meinen Tiefpunkt hatte ich erreicht, als ich erneut in den Hexenwald kam. Es war einfach apokalyptisch! Auf dem Gerüst an einem Baum, den wir überqueren mussten, bin ich diesmal abgerutscht und habe mir das Schienbein aufgeschlagen. Beim Runterklettern half mir ein Mädchen. Wir gingen eine Weile zusammen und wechselten ein paar Worte. Sie meinte, dass sie sich auf keinen Fall von der Strecke besiegen lasse. Oh ja, das war ein mentaler Kick! Mein Leitspruch für den Rest der noch nicht einmal zur Hälfte geschafften Runde.
Nachdem ich mir auf der ganzen Runde Gedanken gemacht hatte, wie ich den See diesmal absolvieren will, stand es für mich nach dem Hexenwald fest: genau wie die erste! Das Hangelhindernis habe ich jetzt gar nicht mehr probiert, sondern stattdessen gleich einen Eimer eine Strafrunde lang getragen. Der See war diesmal kalt. Das lag nun wohl daran, dass ich bereits massiv Energie verbraucht hatte und mein Körper nicht mehr allzu gut heizen konnte. Als ich nach der Seerunde wieder zum Wärmezelt kam und erneut ein trockenes Langshirt anzog, half dies nur noch bedingt. Ich blieb eine Weile, bekam eine Gulaschsuppe mit Kartoffelstückchen drin und ein paar Salzbrezeln. Das gab mir nochmal das notwendige Salz und einen Kick.
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Seerunde Nr. 2: Scheiß auf die Welt... |
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War das schon alles? |
Schließlich kam ich wieder im Start-Ziel-Bereich an. Hier stellte ich fest, dass die großen Holzwände bereits gesperrt waren, da es zu gefährlich geworden wäre, noch darüber zu klettern. nur die erste Wand, die praktisch den "Eingang" zum Start-Ziel-Bereich markierte, musste man machen. Hier half mir die nette Volunteerin, mit der ich mich zu Beginn der zweiten Runde auf dem Kirchberg unterhalten hatte. Als ich mich ein letztes Mal über die Baugerüste quälte, stand plötzlich Steven neben der Strecke. Wir unterhielten uns, während ich die Hindernisse überquerte und er machte ein Handy-Video.
Zum Schluss - und das war ein seltsam unspektakulärer Moment - überquerte ich die Ziellinie und war heilfroh, dass ich kein drittes Mal raus musste. Ich bekam die Medaille, wegen der ich das eigentlich alles gemacht hatte (glaubte ich) und trank einen Tee oder zwei. Ich traf nochmal einen Läufer, den ich auf dem zweiten Rückweg auf der Strecke getroffen hatte, er bedankte sich für die kurze gemeinsame Zeit und die Motivation. Ich bedankte mich, dass er mir beim Zelt am See über die Wall geholfen hatte.
In der Umkleide traf ich Christian. Er hatte den Ultra durchgezogen. Man konnte sehen, dass er in einem desolaten Zustand war und versuchte, wieder die Kontrolle über seinen Körper zu erlangen. Ein Held! Ich verpackte meine ganzen Laufklamotten in Plastiktüten und ging ins Duschzelt. Es gab eine warme Dusche und ich schwöre sie war der Eingang zum Himmel. Das war die beste warme Dusche, die ich je genommen habe.
Den krönenden Abschluss bildete, genau wie im letzten Jahr, die Party und die Siegerehrung. Ich verbrachte noch ein paar Minuten mit den Kameraden des OCR Munich und aß ein Schnitzel mit Pommes. Zusätzlich zu allen bereits genannten Munich-OCRlern war auch noch eine Gruppe auf der 8k-Distanz gestartet. Hierzu zählten Stefan (Äffchen, Moni und John). Stefan war angetreten, um sich für die OCRWC zu qualifizieren und hatte das auch geschafft. Steven hat am Ende den 2. Platz auf den 30km geschafft und auch Sven hatte mit seinem 5. Platz auf dieser Distanz seine Quali in der Tasche. Das Gleiche gilt für Jana mit ihrem 6. Platz auf den 15k.
Wirklich wichtig bei diesem Lauf war aber etwas anderes: Alle waren ohne Probleme gesund im Ziel angekommen. Das muss hier wirklich gesondert erwähnt werden, denn der Celtic Warrior 2019 war, was ich einen extremen Hindernislauf nennen würde. Später dann machten Steven, Alex und ich uns wieder auf dem Heimweg. Ich dachte, das wird mein letzter Celtic gewesen sein, aber mittlerweile sehe ich das ganz anders. :)
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Verdient! |